Wer wir sind, hat wesentlich mit unserer Geschichte zu tun und damit, wie bzw. inwieweit wir uns an sie erinnern. Das gilt für jede:n Einzelne:n mit ihrer:seiner individuellen Lebensgeschichte, aber auch für Gruppen, die sich durch die Erinnerung an prägende Ereignisse eine kollektive soziale, politische oder kulturelle Identität zuschreiben. Öffentliches Gedenken findet dabei im Rahmen bestimmter Rituale oder Erinnerungspraktiken statt. Welche Formen können solche Erinnerungspraktiken annehmen? Welche Medien kommen dabei zum Einsatz? Welche Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang Institutionen wie Archiven und Museen zu? Wie bilden sich durch das Erinnern individuelle und kollektive Identitäten heraus? Welche Rolle spielt dabei das Vergessen? Und wie lässt sich in kritischer Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte eine lebendige Erinnerungskultur gestalten?

Diese Fragen sollen im Seminar mit Bezug auf die aktuelle Debatte um eine Neuausrichtung der (deutschen) Erinnerungskultur erörtert werden. In ihrem Zentrum steht die Auseinandersetzung mit den Verbrechen der Nazizeit, dem Zweiten Weltkrieg und dem Holocaust bzw. der Shoah; seit einiger Zeit rückt jedoch auch die Kolonialgeschichte mit den Themen Imperialismus, Ausbeutung, Sklaverei und Völkermord in den Fokus. Die Studierenden entwickeln Konzepte, wie sich Kultur- und Bildungsarbeit „multidirektional“ (Michael Rothberg) oder multiperspektivisch an verschiedenen „Fluchtpunkten der Erinnerung“ (Nathan Sznaider) orientieren kann.